Suizidgedanken bei Jugendlichen: Ein Blick auf Ursachen und Schutzfaktoren

Die Zahlen sind alarmierend: Laut aktuellen Studien hatten fast 40% aller Jugendlichen schon einmal Suizidgedanken. Diese Statistik zeigt, wie wichtig es ist, die Ursachen zu verstehen und Schutzfaktoren zu stärken. Denn hinter jedem Jugendlichen, der über Suizid nachdenkt, steht eine Geschichte von Überforderung, Schmerz und dem verzweifelten Wunsch nach einem Ausweg.

Der Sturm der Adoleszenz

Der Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter ist für junge Menschen eine Zeit großer Veränderungen und Herausforderungen. Sie müssen sich mit einer Vielzahl an Anforderungen auseinandersetzen: das Akzeptieren körperlicher Veränderungen, die Entwicklung einer eigenen Zukunftsperspektive und die Gestaltung von Freundschaften und ersten Liebesbeziehungen.

Doch was passiert, wenn diese Herausforderungen überwältigend werden? Wenn sich das Gefühl einstellt, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein?

Wenn der Druck zu groß wird

Scheitern Jugendliche an der Bewältigung dieser Entwicklungsaufgaben, kann das schwerwiegende Folgen haben. Besonders kritisch wird es, wenn zusätzlich belastende Lebensereignisse hinzukommen: ein Umzug, die Trennung der Eltern, Mobbing in der Schule oder Cybermobbing in den sozialen Medien. Diese Kombination kann zu Überforderungen führen, die in suizidalen Gedanken oder sogar Versuchen münden.

Besonders gefährlich wird die Situation, wenn Jugendliche nicht über ausreichend Stressbewältigungsstrategien verfügen oder wenn Unterstützung in ihrer Lebenswelt fehlt. Dann kann sich schnell das Gefühl einstellen, allein und hilflos zu sein.

Schutzfaktoren: Was Jugendliche stark macht

Glücklicherweise gibt es zahlreiche Schutzfaktoren, die verhindern können, dass Jugendliche in einer Krisensituation den Suizid als Ausweg betrachten.

Persönliche Stärken wie ein gesundes Selbstwertgefühl, Empathie und die Fähigkeit, Perspektiven zu wechseln, sind entscheidend. Ebenso wichtig sind praktische Fähigkeiten zur Problemlösung und zur Emotionsregulation.

Ein stabiles soziales Umfeld mit unterstützenden Eltern, verständnisvollen Freunden und aufmerksamen Lehrern kann den entscheidenden Unterschied machen. Auch spirituelle oder religiöse Überzeugungen können stabilisierend wirken.

Doch was passiert, wenn diese Schutzfaktoren plötzlich wegbrechen? Jugendliche, die ihre Ressourcen verlieren, etwa durch familiäre Konflikte, das Ende wichtiger Freundschaften oder schulische Überforderung, können schnell in eine gefährliche Krise rutschen.

Das Gehirn im Umbau

Biologisch gesehen macht die Pubertät Jugendliche besonders verwundbar. Im präfrontalen Kortex, dem Bereich für Planung und Impulskontrolle, finden massive Umstrukturierungen statt. Gleichzeitig wird das Belohnungssystem weniger aktiv, was erklärt, warum viele Jugendliche nach intensiven Erfahrungen suchen, manchmal auch durch riskante Verhaltensweisen oder Substanzen.

Diese neurobiologischen Veränderungen können das emotionale Gleichgewicht stören und dazu führen, dass Jugendliche Situationen dramatischer wahrnehmen und impulsiver reagieren als Erwachsene.

Hilfe finden in der digitalen Welt

Ein weiteres Problem ist, dass Jugendliche oft Schwierigkeiten haben, sich hilfesuchend an Erwachsene zu wenden. Scham, Angst vor Vorwürfen oder das Gefühl, nicht verstanden zu werden, halten sie davon ab.

Ein weiteres Problem ist, dass Jugendliche oft Schwierigkeiten haben, sich hilfesuchend an Erwachsene zu wenden. Doch es gibt Hoffnung: Es gibt viele spezialisierte Online-Beratungsangebote im Netz. Sie erreichen immer mehr junge Menschen in Lebenskrisen. Dies ermöglicht es, in einem vertrauten Rahmen Unterstützung zu bieten und so eine Eskalation der Krise zu verhindern. (Siehe unten)

Warnsignale erkennen

Eltern, Lehrer und Freunde sollten auf bestimmte Warnsignale achten:

  • Sozialer Rückzug und Isolation
  • Drastische Veränderungen im Verhalten oder der Stimmung
  • Äußerungen über Hoffnungslosigkeit oder den Wunsch zu sterben
  • Verschenken wichtiger Besitztümer
  • Plötzliche „Ruhe“ nach einer schweren Krise

Prävention ist der Schlüssel

Die Herausforderung für uns als Gesellschaft besteht darin, Jugendlichen frühzeitig die nötigen Ressourcen und Unterstützung zu bieten. Das bedeutet: Aufklärung über psychische Gesundheit, Stärkung der Resilienz und niedrigschwellige Hilfsangebote.Nur so können wir verhindern, dass der Suizidgedanke als einziger Ausweg erscheint.

Autorin des Artikels
Daniela Frattollino
Diplom-Pädagogin, zertifizierte Onlineberaterin


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